Schwäbisches Tagblatt – zum zweiten

Wie den Lesern dieser Seiten bekannt, bin ich mit Frau Hahn vom Schwäbischen Tagblatt wegen ihres Kommentars zur Einwohnerversammlung am 29. April sehr heftig aneinander geraten. Ich fand ihren Kommentar damals äußerst ungerecht, einseitig und diffamierend. Auch in der Zwischenzeit meinte ich, aus dem einen oder anderen Bericht heraushören zu können, dass sie die BISS für eine dubiose Versammlung von Querulanten hält, denen an der Verteidigung ihrer „Privilegien“ (welchen?) alles, an einer vernünftigen Bebauung des „Schlossblicks“ wenig und an „bezahlbarem“ Wohnraum schon gar nichts gelegen ist: alles ganz falsch.

In jüngster Zeit freilich hat Frau Hahn Berichte verfasst, die eine etwas andere, mindestens neutralere Sichtweise erkennen lassen. Vergleicht man etwa ihren Bericht über den zweiten Workshop mit meinem, so wird man so erhebliche Unterschiede gar nicht feststellen, obwohl wir weiß Gott nicht am selben Ende des Strickes ziehen: Sie von der Notwendigkeit einer möglichsten Verdichtung überzeugt – und ich eben nicht. Aber alles in allem: Ich habe da wenig zu meckern.

Viel besser hat mir aber der Bericht und vor allem der Kommentar zu einer Altinger Angelegenheit am 6. November gefallen. Um was geht es da?

In der Lupinenstraße soll – ausnahmsweise mal nicht von der Kreisbau, sondern von einem privaten Investor – ein Mehrfamilienhaus (=Geschossbau) errichtet werden, den der Altinger Ortschaftsrat gleich zweimal einstimmig abgelehnt hat, eine Mehrheit im Technischen Ausschuss des Gemeinderats schloss sich an. Sie fanden, das dreistöckige Haus „füge sich nicht in die Umgebungsbebauung ein“. Das Haus ist schlappe 11, 29 Meter hoch, die verdichtungsbeseelte Ammerbucher Gemeindeverwaltung hatte ursprünglich das Projekt begrüßt. Bis der Wind sich drehte: „Bürgermeisterin Christel Halm schlug schließlich vor, den ursprünglichen Verwaltungsantrag ins Gegenteil umzuformulieren und das Baugesuch als ‚zu groß, zu wuchtig und zu dicht‘ abzulehnen. Gegen diesen Antrag stimmte niemand“.

Was unsere wendige Bürgermeisterin zu ihrem Antrag beflügelte, sei etwas näher betrachtet. Ich bin nach Altingen in die Lupinenstraße geradelt und habe mir die „Location“ angeschaut. So sieht das aus:

Das Haus am unteren Ende des Grundstückes ist eine verwohnte Bruchbude, die abgerissen werden soll. Platz ist, wie man sieht, weiß Gott genug da. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks könnte sogar noch ein Haus gebaut werden.

Weil Bilder mehr als tausend Worte sagen, hier eine kleine Galerie zur Veranschaulichung. Das Gebäude ist, wie gesagt, 11,29 Meter hoch, etwa 11 Meter breit und 21 Meter lang. Das ist, zugegeben, nicht eben klein, aber es bietet immerhin sechs Parteien (bezahlbaren) Wohnraum.

Interessant ist nun die Argumentation, mit der die Ablehnung begründet wurde. Und noch interessanter ist der Vergleich mit dem, was man sich in Entringen so anhören muss.
Es handelt sich um eine Nachverdichtung im Innenraum, da kann man, so heißt es, stärker verdichten. „Bezahlbarer“ Wohnraum könne nur geschaffen werden, wenn man in die Höhe baue. Des Grundstückspreises wegen. So immer und immer wieder das Argument für die Kreisbauklötze in Entringen. Die „Zersiedelung“ der Landschaft, der „Landschaftsverbrauch“, das müsse gestoppt werden. Aber in Altingen wehrt man sich gegen das „Ausmosten“ von Grundstücken und eine „extreme Verdichtung“ – dabei handelt es sich wohlgemerkt um ein einziges Gebäude, nicht gleich um ein ganzes dicht vollgestopftes Wohngebiet!

Hier gilt, das Gebäude müsse sich in die „Umgebungsbebauung“ einfügen, was es nach ursprünglicher Auffassung der Gemeindeverwaltung aber wohl tat. Ganz so schlimm ist es wirklich nicht:

Aber eine Gemeinderätin wollte dem Plan allenfalls zustimmen, wenn das dahinter liegende Grundstück unbebaut bleibe.

Und wie tönt es hier in Entringen: Verdichten so viel, wie es geht. Weil es geht! Vom Einfügen in die Umgebungsbebauung keine Rede. Dass rundherum eine kleinteilige Besiedelung gegeben ist, wen stört das denn? „Zeitgemäß“ soll gebaut werden, mit Flachdach und möglichst hoch, schon mal was von „Flächenfraß“ gehört? Städtisch soll es sein, „urban“ und nicht dörflich bleiben, wie man sich das in Altingen wünscht.

Ich kann nicht behaupten, dass die Argumente gegen das Haus in Altingen alle falsch wären. Die Maxime, ein Grundstück bis an die Grenzen der Zulässigkeit auszunutzen, darauf so hoch und so breit und so viel zu bauen, wie es nur irgendwie geht, ist vielleicht weder sach-, noch landschafts- und menschengerecht. Aber das gilt auch für den „Schlossblick“. Ein Gemeinderat, es war der Ortsvorsteher, hat sehr klug gesprochen: Es handele sich um eine „Abwägung“ zwischen „der eigentlich gewünschten Nachverdichtung und dem Wunsch, ‚dass wir auf dem Dorf leben wollen'“. Justament so ist die Lage in Entringen auch. Wir leben auf dem Dorf und wollen dort leben, nicht in der Stadt. Und wir wollen das Dorf weiterentwickeln, nicht seinen Charakter durch gewaltsame „urbane“ Strukturveränderungen zerstören, wie es auf und mit dem „Schlossblick“ geschehen soll.

Und damit kriege ich dann wieder die Kurve zum Schwäbischen Tagblatt und zu Frau Hahn: Sie hat das Problem klar erkannt und auf den Punkt gebracht. Ein längeres Zitat soll dann auch diese Seite beenden:

„Man wolle doch Dorf bleiben, lautete eine der Begründungen für die Ablehnung. Man könne dem Gesuch nur zustimmen, wenn das Nachbargrundstück unbebaut bliebe, hieß es. Beides im übrigen aus den Reihen der GAL, jener Fraktion also, der die Ökologie und der Verzicht auf Flächenverbrauch sonst sehr wichtig sind.
Da reibt man sich doch verwundert die Augen und denkt an die Auseinandersetzungen ums Wohngebiet Schlossblick, das auf dem Entringer ehemaligen Grundschulgelände entstehen soll. Dort sind weit größere Mehrfamilienhäuser geplant als das in der Altinger Lupinenstraße. Trotz Widerstands aus der Bevölkerung steht der Gemeinderat zu dem Projekt.
Die Schlossblick-Kritiker werden sich nun zu Recht fragen, ob in Ammerbuch mit zweierlei Maß gemessen wird. In Entringen verdichtet und in Altingen aufs Eigenheim mit großem Garten drumrum setzen: Das geht nicht“.

So ist es!

Nachtrag am 24. Feb. 2020

„Nach einem Jahr Widerstand“, so titelte das Schwäbische Tagblatt seinen Bericht über das Mietshaus in der Lupinenstr. in Altingen. Es wurde – nach neuerlichen Nachbesserungen seitens des Bauherrn – jetzt vom Technischen Ausschuss gebilligt: mit 7 zu 4 Stimmen. Der Altinger Ortschaftsrat hatte es nach wie vor abgelehnt, aber nach einer Verlautbarung des Landratsamtes bestehe, so hatte Frau Halm in der Sitzung vom 17. Februar mitgeteilt, „ein Rechtsanspruch“. Besonders energisch hatten sich offenbar Dietmar Hammer (GAL) und Helmut Strobel (SPD) gegen den Bau ausgesprochen: Das Grundstück werde „ausgemostet“, die Grundflächenzahl sei zu hoch, die Überbauung zu massiv. Man kann diese Bedenken nachvollziehen, auch wenn man sie im Einzelfall nicht unbedingt teilen muss. Wer dieses Gebäude als zu mächtig ablehnt, der muss aber auch die Schlossblickpläne ablehnen, denn die hier vorgesehene Bebauung hat noch eine viel höhere Dichte.

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